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Knochenbildung: chondrale und desmale Ossifikation

Skelett
Das Menschliche Skelett
Foto: Meyers Konversationslexikon – 4. Auflage
Lizenz: Urheberrecht abgelaufen, daher gemeinfrei.

Knochen haben vielfältige Funktionen.
Sie sind die harten, skelettbildenden Stützgewebe der Wirbeltiere.
Das menschliche Skelett beispielsweise macht etwa 12% des gesamten Körpergewichts aus und kann aus 206-214 Knochen bestehen- die Anzahl ist individuell unterschiedlich, da unterschiedlich viele Kleinknochen in Fuß und Wirbelsäule im Erwachsenenalter existieren können.
Ein Beispiel wäre, wenn im Laufe des Wachstums die fünf Sakralwirbel zusammen verschmelzen und so nur „einen“ Knochen, das Kreuzbein, bilden. Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn statt fünf nur vier Sakralwirbel das Kreuzbein formen und der fünfte Wirbel zu dem Lendenwirbel gezählt wird, der ursprünglich fünf Knochen besaß.
Erwachsene besitzen viel weniger Knochen als Kinder, da während des Wachstums viele Knochen unterschiedlich zusammenwachsen können.
Kinder können bis zu 300 Knochen besitzen.

1. Funktion

Die primäre Funktion der Knochen ist die Stütz- und Schutzfunktion.
Die Schädelknochen beispielsweise schützen das Gehirn und der Brustkorb schützt die inneren Organe wie das Herz.
Außerdem geben sie dem Körper Form und Halt.
So erhält der Körper seine Stabilität und kann den Muskeln einen Rahmen für Bewegung und Aktivität anbieten.
Neben diesen beiden Aufgaben haben die Knochen eine zentrale Bedeutung bei der Homestasis, da sie z.B. in der Lage sind, den Mineralstoff Kalzium zu speichern, der bei Blutgerinnung und Muskelkontraktion eine große Rolle spielt.
Weiterhin werden im Knochenmark die Blutzellen hergestellt.

2. knorpel-/knochenbildende Zellen

Entstehung knorpelbildender Zellen
Entstehung knochenbildender Zellen

Nun zu den Zellen, die bei der Knochenbildung eine zentrale Rolle spielen.
Die drei Zellen Chondroblasten, Chondrozyten und Chondroklasten, die ja eigentlich für die Knorpelbildung zuständig sind, spielen eine große Rolle bei der Knochenbildung spielen sollte.
Der Grund ist einfach:
Bei einer der zwei Knochenbildungsprozesse wird Knorpel durch Knochen „ersetzt“, d.h. zunächst einmal muss Knorpel vorhanden sein, damit sich Knochen bilden können.
Die drei Zellen für die eigentliche Knochenbildung sind die Osteoblasten, Osteozyten und Osteoklasten.

Die knorpelbildenden Chondroblasten stammen von mesenchymalen Stammzellen ab.
Sie sind in der Lage, die Knorpelgrundsubstanz, auch Knorpelmatrix genannt, in ihre Umgebung abzusondern.
Stellen sie die Synthesefunktion der Knorpelmatrix ein, differenzieren sie sich zu den Chondrozyten, die nur noch in der Lage sind, sich zu teilen.
Als Chondroklasten bezeichnet man wiederrum große Fresszellen, die aus Blutstammzellen stammen. Sie sind in der Lage, die Knorpelmatrix, die von den Chondroblasten abgesondert wurde, abzubauen.
Genauso wie die Chondroblasten stammen die knochenbildenden Osteoblasten von mesenchymalen Stammzellen.
Auch sie sind in der Lage, eine Matrix, in diesem Falle die Knochenmatrix oder auch Osteoid, um sich herum abzusondern.
Wenn sie kein Osteoid mehr synthetisieren, differenzieren sie sich zu den ruhenden, nicht mehr teilungsfähigen Osteozyten.
Die von Blutstammzellen differenzierten Osteoklasten spielen beim Knochenabbau eine Rolle, da sie die Knochenmatrix abbauen können.

Die Knochenbildung, auch Ossifikation genannt, ist sehr komplex und ich kann hier nicht alles in Detail besprechen.
Dennoch werde ich versuchen, einen möglichst angemessenen Überblick zu geben.
Die Ossifikation ist für das Wachstum und für die Regeneration der Knochen von immenser Bedeutung.
Es ist wichtig zu wissen, dass Knochen immer durch das Ersetzen von vorher existierenden Geweben entstehen.
Wird hyaliner also transparenter Knorpel ersetzt, spricht man von einer indirekten / chondralen Ossifikation.
Handelt es sich bei der zuvor existierenden Gewebe um embryonale Mesenchymzellen, spricht man von einer direkten / desmalen Ossifikation.

3. indirekte bzw. chondrale Ossifikation

chondrale Ossifikation
chondrale Ossifikation
Foto: United States Federal Government
Lizenz: public domain, da Werk der United States Federal Government

Die Originaldatei ist hier zu finden.

Bei der chondralen Ossifikation haben wir am Anfang den hyalinen Knorpel als „Model“.
Dabei sondern die knorpelbildenden Chondroblasten die Knorpelmatrix in ihrer Umgebung ab.
Wenn sie die Synthese von Knoprelmatrix einstellen, differenzieren sie sich zu Chondrozyten, die ruhenden, teilungsfähigen Zellen.
Durch die Teilungsfähigkeit der Chondrozyten ist der Knorpel imstande, interstitiell, d.h. von innen her zu wachsen.
Das Knorpelfragment ist von einer straffen Schicht umgeben.
Nur an den beiden Enden liegt der Knorpel frei. Diese straffe Schicht wird als Perichondrium bezeichnet und enthält unter anderem die knorpelbildenden Chondroblasten, die für ein appositionelles Wachstum bzw. Dickenwachstum sorgen, indem sich seitlich die Chondroblasten von dem Knorpelfragment anlagern.
Mit der Zeit wird die Knorpelmatrix mit Kalziumkarbonat angereichert und der Knorpel verkalkt.
Ab hier kann man den zukünftigen Knochen in zwei Bereiche unterteilen:
Die Diaphyse in der Mitte und die Epiphysen an den beiden Enden.

Das Perichondrium wird ab nun mit Blutgefäßen in Begleitung von Mesenchymzellen versorgt, die sich in Osteoblasten differenzieren können.
An den Stellen, an denen das Perichondrium mit Blutgefäßen und Osteoblasten versorgt wird, wird das Perichondrium ab nun Periost genannt.
Um die knorpelige Diaphyse wird von Periost aus eine Knochenmanschette gebildet, indem sich Osteoblasten direkt aus dem Mesenchym differenzieren und Osteoid, die Knochenmatrix, produzieren.
Innerhalb der verkalkten Matrix sterben die Chondrozyten ab und hinterlassen dadurch Lakunen, Spalten, mit verkalkter Matrixwand.
Von der Knochenmanschette aus dringen Chondroklasten, also knorpelabbauende Zellen, in das Innere der Diaphyse und bauen den Diaphysenknorpel ab und schaffen so die primäre Markhöhle.
Danach dringen die Blutgefäße, die von Mesenchymzellen begleitet werden, in die entstandenen Lakunen ein.
Dort differenzieren die Mesenchymzellen in Osteoblasten, die sofort mit der Synthese von Osteoid beginnen. Vorher wurde von den Chondroclasten Platz verschaffen.
Das Osteoid verkalkt im Nachhinein.
Diese Stelle, an der die Blutgefäße an der Diaphyse ansetzen, nennt man das primäre Ossifikationszentrum.

Am Rande des Knochens sind die Mesenchymzellen, die dabei sind, sich in Osteoblasten zu differenzieren.
Als differenzierte Osteoblasten fangen sie an, das Knochenmatrix Osteoid in ihre Umgebung abzusondern. Lagern sich die Mineralstoffe darin ein, verkalkt das Osteoid und die darin eingesperrten Osteoblasten differenzieren zu Osteozyten.

Die Ossifikation in der Diaphyse schreitet weiter voran und das Skelettstück wird immer länger.
Gleichzeitig wachsen Knochenmanschette und Periost weiter.
Von der Manschette aus dringen nun Osteoklasten in das Innere der Diaphyse und bauen die Knochensubstanz wieder ab. Die frei gewordenen Stellen werden wiederrum von Osteoblasten mit Osteoid gefüllt, das dann verkalkt.
Damit ist es möglich, die Markhöhle, in der sich das Knochenmark bildet, zu vergrößern.

Die bisher besprochenen Prozesse treten schon vor der Geburt in der Embryonalentwicklung auf.
Nun folgt ein Prozess, das an den Epiphysen stattfindet und erst spät in der Entwicklung, d.h. postnatal auftritt.

Im Bereich der Epiphyse erscheint ein weiteres, diesmal sekundäres Ossifikationszentrum, die morphologisch das der Diaphyse ähneln.
Während die Ossifikation der Diaphyse weiter fortschreitet, entstehen nach dem gleichen Mechanismus wie vorher in der Diaphyse die Hohlräume in den Epiphysenknorpeln.
Die Blutgefäße, die in die Verkalkungszonen des Knorpels eindringen, bringen auch Mesenchymzellen mit, die sich in Osteoblasten differenzieren können.
Auch hier verkalkt ein Teil des Knorpels und ermöglicht es Blutgefäßen in den Spalten einzudringen und mit Hilfe von differenzierten Osteoblasten verkalktes Knochengewebe zu synthetisieren.

Epiphysenfuge

Aufbau eines Röhrenknochens
Abschnitte eines Röhrenknochens
Foto: United States Federal Government
Lizenz: public domain, da Werk der United States Federal Government

Die Originaldatei ist hier zu finden.

Während beide Ossifikationszentren, also das primäre Ossifikationszentrum in der Diaphyse und das sekundäre Ossifikationszentrum in der Epiphyse , wachsen, bleibt für eine gewisse Zeit eine Fuge, auch Epiphysenfuge genannt, zwischen der Epiphyse und der Diaphyse erhalten, die aus hyalinem Knorpel besteht.
Bei der Epiphysenfuge unterscheidet man zwischen vier Zonen:

1. Reservezone
2. Proliferationszone
3. hypertrophe Zone
4. Verknöcherungszone

1. Die Reservezone ist aus hyalinem Knorpel und besteht hauptsächlich aus Chondrozyten.

2. In der Proliferationszone teilen sich die Chondrozyten öfters und ordnen sich in Längstsäulen

3. Wie der Name schon andeutet, nehmen die Chondrozyten in der hypertrophen Zone durch Wasseraufnahme an Größe zu.
Die Größenzunahme der Zellvergrößerung ist maßgeblich für das Längenwachstum des Knorpels/Knochens zuständig. Die Knorpelmatrix um die hypertrophen Chondrozyten verfestigt und mineralisiert sich.

4. In der vierten Zone werden die hypertrophen Chonrozyten abgebaut. Die dadurch entstehenden Höhlen werden von Blutgefäßen durchdrungen und mit Hilfe von heranreifenden Osteoblasten bildet sich auch hier die Knochenmatrix.

So wird Knorpel nach und nach auch an den Epiphysen ersetzt.
Reicht der Nachschub neuer Knorpelzellen durch interstitielles Wachstum nicht mehr aus, um die Zerstörungsprozesse auszugleichen, wird die Epiphyse durchbrochen und die Epiphysenhöhlen fließen in der Markhöhle der Diaphyse zusammen.
D.h. Knochen können sich nur verlängern, solange es in der Epiphysenfugen genügend teilungsfähige Chondrozyten gibt.
Mit dem Verschwinden der Epiphysenfugen ist auch das Längenwachstum abgeschlossen.

Gelenkfläche

Knochenszintigrafie eines siebenjährigen Kindes
Knochenszintigrafie eines 7 jährigen Kindes (in schwarz die Epiphysenfugen)
Foto: Drahreg01
Lizenz: [http://www.xonK.de/gfdl12.pdf GNU-Lizenz für freie Dokumentation].

Die Originaldatei ist hier zu finden.
Gelenkknorpel
Gelenkknorpel (blau)
Foto: Rikke K Kirk Bente Jørgensen and Henrik E Jensenl
Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic

Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Ossifikation der Epiphysen erreicht jedoch nie die von Periost freien Gelenkoberflächen.
Die Gelenkfläche ist von Knorpelgeweben (auch Gelenkknorpel genannt) umgeben und ist mit dem darunter liegendem Knochen fest verbunden. Diese Fläche ist außerdem nicht von Perichondrium/Periost umgeben.
Das Knorpelgewebe an den Gelenkoberflächen ist wichtig für eine glatte Oberfläche und damit von immenser Bedeutung für eine reibungsarme Beweglichkeit.
Wegen seiner Druckelastizität kann er auch als Stoßdämpfer fungieren.

Schaut man sich den Knochen eines Embryos, einer jungen Person und einem Erwachsenen an, stellt man folgendes fest:
Während die kurze Diaphyse bei einem Embryo verknöchert ist, befindet sich an den Epiphysen noch immer viel Knorpelgewebe.
Bei einem Jugendlichen ist die Diaphyse wesentlich größer geworden und auch die Epiphysenfugen mit dem Knorpelgewebe sind deutlich erkennbar.
Erst bei einem Erwachsenen verschwinden durch die Verknöcherung die Epiphysenfugen und nur an den Gelenkoberfächen befinden sich die Überreste des Knorpels.

Wenn wir uns eine Knochenszintigrafie eines 7-jährigen Kindes anschauen, werden wir an den Enden der Knochen, genau an den Stellen der Epiphysenfugen, einen erhöhten Knochenstoffwechsel erkennen.

4. direkte bzw. desmale Ossifikation

Bei der desmalen Knochenbildung wandeln sich die Mesenchymzellen direkt in knochenbildende Osteoblasten um.

Auf diese Weise entwickeln sich z.B. die Knochen von Schädeldach, Gesicht und Schlüsselbein.
So entstandene Knochen werden auch Deckknochen genannt.

Die direkte Ossifikation verläuft folgendermaßen:

1. In genetisch festgelegten Bezirken werden die Mesenchymzellen sofort zu Osteoblasten, die sofort mit der Synthese von Osteoid beginnen.

2. In Anwesenheit bestimmter Stoffe wird das Osteoid mit Kalziuminonen angereichert und das Osteoid verkalkt. Das von verkalktem Osteoid umgebene Osteoblast differenziert sich zu einem Osteozyt.

3. Währenddessen entstehen aus weiteren Mesenchymzellen weitere Osteoblasten, die wiederrum Osteiod produzieren und verkalken.

4. Und so bildet sich die erste Fläche der Deckknochen, auch Bälkchen genannt.
Auf der Oberfläche der 1. Bälkchen ordnen sich dann wieder Osteoblasten, die Knochenmatrix um sich absondern. Der Prozess wiederholt sich dann mehrmals, bis am Ende die separaten Gebiete zusammen schließen

Gelenkknorpel
Gelenkknorpel
Gelenkknorpel
Gelenkknorpel
Gelenkknorpel
Bei der desmalen Ossifikation ist zu beachten, dass die Knochen direkt aus embryonalen Stammtellen entstehen und nicht wie die chondrale Ossifikation erst hyaliner Knorpel ersetzt werden muss.

 

Wachstumsfaktoren

Für das Wachstum benötigen Knochen verschiedene Faktoren.
Diverse Hormone wie Östrogen, Testosteron und Hormone der Nebennierenrinde und der Schilddrüse spielen eine große Rolle, aber auch die Nahrungsaufnahme wie Eiweiße und Kalzium sind wichtig.
Vergleicht man die Knochen eines Athleten mit einem Nicht-Athleten, wird man verstehen, warum physikalische Kräfte bzw. Belastungen unsere Knochen entscheidend formen und stärken. „Athleten-Knochen“ sind wesentlich stärker bzw. schwerer als „Nicht-Athleten-Knochen“.

Eigenschaften von Knochen

Vergleicht man Knochen mit Granit, Beton und Stahl, stellt man folgendes fest:
Beim Zusammendrücken sind Knochen 2x widerstandsfähiger als Granit, bei einer Zugbelastung 2x besser als Beton und von der Stärke her 5x stärker als Stahl.

weiter zur „Skelettentwicklung am Beispiel Maus (Mus musculus)“

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